Die Landesregierung Schleswig Holstein plant eine räumliche Zusammenlegung einiger Gerichte

DVS_Nord-aktuell_logo

Die Rede der schleswig-holsteinischen Ministerin für Justiz und Gesundheit auf der Landtagssitzung vom 27. September 2024 enthielt für die Justiz große Überraschungen. Die Landesregierung hat im Zuge der Haushaltskonsolidierung beschlossen, bis Ende 2025 ein Konzept für eine umfangreiche Fachgerichtsstrukturreform zu erarbeiten. Auch die Amtsgerichtsstruktur soll zeitgleich geprüft werden.

Aufgrund der schwierigen Haushaltslage soll erheblich gespart werden, allerdings nicht beim Personal, sondern bei den Gebäuden. Das heißt konkret, dass 25 neue Planstellen geschaffen, aber Gerichtsstandorte zusammengelegt werden sollen. Zur Begründung wurde ein erheblicher Sanierungsstau bei den Gebäuden angeführt. Außerdem seien einige Gerichte schon deswegen teuer, da sie nur ein Dutzend Beschäftigte hätten.

Das Modell der Verwaltungsgerichtsbarkeit (ein Gericht 1. Instanz und ein Gericht 2. Instanz für ganz Schleswig-Holstein an einem Standort) soll auf die Arbeits- und die Sozialgerichtsbarkeit übertragen werden. Beide Gerichtsbarkeiten sollen an einem zentralen Standort konzentriert werden, der verkehrstechnisch gut erreichbar ist. Für dieses neue Fachgerichtszentrum soll ein Gebäude angemietet werden, mit mindestens einem großen Verhandlungssaal. Das Finanzgericht soll von Kiel nach Schleswig in die Räume des Sozialgerichts ziehen.

Bezüglich der Fachgerichte wurde die Reform von der Ministerin als alternativlos bezeichnet. Die Amtsgerichtsstrukturprüfung dagegen soll laut der Ministerin im Ergebnis offen sein. Wenn durch eine Zusammenlegung von Amtsgerichten Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsvorteile erzielt werden können, dann wird es jedoch nicht mehr unbedingt ein Amtsgericht pro Kreis geben.

Schleswig-Holstein ist ein Flächenland. Für viele Betroffene wird eine solche Reform erhebliche Auswirkungen haben. Für die Beschäftigten in der Justiz soll es neue Arbeitsformen wie z.B. Homeoffice, Desksharing und die Buchung von Arbeitsräumen in anderen Gerichten geben. Für uns ehrenamtliche Richter:innen (und ggf. Schöff:innen) und die Rechtssuchenden sowie deren Anwält:innen soll es Gerichtstage an anderen Standorten und Videoverhandlungen geben.

Der Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Anwalt- und Notarverbandes Gerrit Koch äußerte, dass die Schleswig-Holsteinische Anwaltschaft entsetzt sei über die Einsparvorschläge der Landesregierung. Er verwies auf das Anrecht der Bürger, Gerichte in erreichbarer Nähe zu haben. Außerdem werden längere Anfahrtswege für die Anwaltschaft automatisch zu höheren Kosten führen. Unter Umständen würden Aufträge wegen der Fahrzeiten gar nicht mehr angenommen werden. Auch die gewünschten Einspareffekte wurden bezweifelt. Die Anwaltschaft hätte unbedingt vorher eingebunden werden müssen.

Von der Vorsitzenden des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes, Christiane Schmehl, wurde kritisiert, dass es keine vorherige Anhörung oder Beteiligung der Beschäftigten gegeben hat. Es sei eine Kommunikationsweise der Kaiserzeit. Erst unmittelbar vor dem Kabinettsbeschluss wurden die betroffenen Präsident:innen, Gremien und Schwerbehinderten- sowie Gleichstellungsbeauftragten in vertraulicher Runde informiert. Das Anhörungsverfahren beginnt somit erst jetzt – nach dem Platzen der Bombe.

Wir vom DVS Nord werden das Geschehen weiter im Blick haben und uns einbringen.